Allgemeiner Methodenüberblick

Diese Seiten dienen der Information psychologischer Laien. Die Darstellung ist bewusst umgangssprachlich gehalten. Wissenschaftlich präzise Darstellungen finden sich unter den aufgeführten Quellenangaben. Die Sammlung umfasst nicht alle von uns verwendeten Testverfahren und Erhebungsmethoden, sondern wird von uns je nach Möglichkeit ergänzt.


Exploration

Exploration ist der Fachausdruck für ein längeres thematisch gebundenes Gespräch. In der Exploration kann der oder die Sachverständige die Sichtweise der Untersuchungsperson zu komplexen Fragen und persönlichen Themen kennen lernen. Die relativ offene Form erlaubt ein individuelles Eingehen auf das Gegenüber und ermöglicht ein tieferes Verständnis. Nachfragen, Konkretisierungen und eigene Zusammenfassungen können Missverständnisse und Fehlinterpretationen reduzieren. Gefahren bei der Exploration liegen darin, dass ungeübte Fragende ihr Gegenüber unbewusst leiten und beeinflussen können. Außerdem können bestimmte Aspekte eines Themas verlogen gehen, weil Fragende beispielsweise unaufmerksam sind oder zu stark in der eigenen Sichtweise gefangen. Vorher festgelegte Leitfragen und mehrfache Explorationsgespräche helfen, diese Fehlerquellen zu reduzieren.


Verhaltensbeobachtung

Neben Befragungen und Testverfahren ist auch die Beobachtung des Verhaltens der Untersuchungspersonen ein Mittel, mit welchem der oder die Sachverständige Informationen gewinnen können. Diese Informationen sind besonders wertvoll, weil die meisten Menschen sich in ihrem Verhalten weniger gut verstellen können als in der Sprache. Insbesondere wenn Interaktionen beobachtet werden, also das Verhalten mehrerer Menschen in der gegenseitigen Beeinflussung, ist dieses ohne Übung kaum noch unbemerkt zu steuern. Gerade bei sehr jungen Kindern ist die Beobachtung ihres Verhaltens oft der einzige Weg, um ihre emotionale Bindungen kennenzulernen. Schwierigkeiten liegen darin, dass Verhaltensweisen oft mehrdeutig sind und deshalb interpretiert werden müssen. Wichtig ist eine genaue Dokumentation des beobachteten Verhaltens und die Trennung von beobachtetem Verhalten und subjektivem Eindruck.

Eine Sonderform der Verhaltensbeobachtung ist die Reflektion des Verhaltens einer Person über den gesamten Begutachtungsprozess. Beispielsweise kann eine Untersuchungsperson während einer Begutachtung mehrfach aggressiv auf Fragen reagieren. Der oder die Sachverständige muss dann reflektieren, ob diese Verhaltensweisen vielleicht nachvollziehbare Reaktionen auf Störungen oder ärgerliche Anlässe sind oder ob andere Ursachen denkbar sind. Anschließend gilt es Wege zu finden, solche Vermutungen zu belegen etwa durch weitere Verhaltensbeobachtungen, durch den Einsatz psychologischer Testverfahren oder durch Gespräche (Explorationen) mit der Untersuchungsperson.


Projektive Verfahren

Projektive Verfahren wird eine Gruppe von psychologischen Tests genannt, bei denen man davon ausgeht, die Testperson projiziere eigene mehr oder weniger unbewusste Inhalte in die Beschreibung einer Reizvorlage oder in der Bearbeitung einer Aufgabe. Beispielsweise wird dem Probanden ein Bild gezeigt (die Reizvorlage) und er wird gebeten, zu beschreiben, was auf dem Bild zu sehen ist. Aus der Art der Beschreibung werden Rückschlüsse auf das Innenleben des Probanden gezogen. In anderen Tests wird der Proband gebeten, einen bestimmten Gegenstand oder eine bestimmte Person zu zeichnen. Für die Analyse geht man davon aus, dass seelische Konflikte oder besondere psychische Konstellation die Art der Zeichnung beeinflussen. Projektive Verfahren werden oft zur Untersuchung von Kindern genutzt, weil diese ihr eigenes Innenleben oft sprachlich nicht in Einzelheiten darstellen können. Projektive Verfahren sind nicht wissenschaftlich objektiv. Die Art der Interpretation ist auch durch die Person des Auswertenden mit beeinflusst. Im Zusammenhang mit anderen Methoden und über die im Verlauf eines Begutachtungsprozesses gewonnenen Erfahrungen wird die Fehleranfälligkeit der Interpretation aber reduziert.


Standardisierte Verfahren

Fragebögen heißen „standardisiert“ oder „normiert“, wenn die Antworten der Testperson mit einem vorher festgelegten Standard oder einer Norm verglichen werden. In der Regel werden für jede Frage feste Antwortalternativen vorgegeben. Die Ergebnisse der Testperson werden mit den Antworten einer möglichst großen Gruppe anderer Befragter, der Normstichprobe, verglichen. Diese Fragebögen werden beispielsweise genutzt, um Eigenschaftsprofile der Testperson zu erstellen. Dazu werden Antworten auf verschiedene Fragen zu einer Eigenschaft zusammengefasst. Die Ausprägung dieser Eigenschaft wird mathematisch mit der Verteilung dieser Eigenschaft in einer größeren Stichprobe verglichen. So kann beispielsweise ermittelt werden, ob Testpersonen aggressiver sind als der Durchschnitt der Bevölkerung. In anderen Fällen werden Fragebögen dazu benutzt, systematisch Verhaltensweisen zu einem bestimmten Problemfeld abzufragen, beispielsweise dem Erziehungsstil. Standardisierte Fragebögen sind objektiv und schnell auszuwerten. Der Nachteil ist, dass sie individuelles Erleben und Verhalten nur insofern erfassen, als es mit dem Erleben und Verhalten anderer Menschen nach objektiven Kriterien verglichen werden kann. Außerdem beruhen Fragebögen in der Regel auf Selbstauskünften, geben also wieder, welche Meinung die Testpersonen über sich selbst und die abgefragte Eigenschaft haben. Deshalb besteht bei Fragebögen auch das Problem von sozialer Erwünschtheit. Die Testpersonen können ihr Antwortverhalten kontrollieren und sich so positiver darstellen, als sie vielleicht tatsächlich sind.

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